Rechts und links der Straße, der Panamericana, häufen sich die Eindrücke. Das Leben spielt sich an der Straße ab, wie an einem Fluß. Es ist staubig und laut. Der Verkehr fährt mit 100 km/h und schneller vorbei und dennoch weiden die Tiere direkt an der Straße. Die Menschen sitzen auf Stühlen oder gleich auf dem Fahrbahnrand.
Es gibt nicht eingezeichnete 4 Spuren: ganz außen Fahrräder, Tuk-Tuks, Pferdegespanne, Fußgänger, Hunde und wer weiß, was sonst noch. In den mittleren Spuren die Autos, LKWs und Busse. Hin und wieder mischt sich alles durcheinander, aber das stört auch nicht weiter.
Wir kommen durch einige Ortschaften (Nandaime, Los Angeles (!), Pueblo Nuevo, Belén); der größte Teil ist baulich gesehen Wildwuchs.
Ansonsten fällt auf, dass es kaum Straßenschilder gibt; Werbeschilder gibt es hingegen viele. Diese sehen aus wie aus einer vergangenen Zeit. Mit großen, farbigen, aufdringlichen Riesenplakaten wird versucht die Aufmerksamkeit der Leute zu erringen. Kein leichtes Unterfangen bei der vielfältigen Kulisse.
Es gibt einen unübersehbaren Trend zur Farbe. Die Häuser werden bunt angestrichen, vor allem Grün, Lila und Blau sind beliebt.
Nach eineinhalb Stunden kommen wir in Rivas an. Mittlerweile ist es komplett dunkel. In der Stadt sind die Schlaglöcher und Bodenwellen noch ausgeprägter. Viele Straßen sind gepflastert. Kaum Teerstraßen. Die Straßenbeleuchtung ist reduziert, vieles muss man erahnen. Wir finden das Hotel La Misión.
Von außen macht es einen guten Eindruck. Es wurde vor einigen Jahren renoviert. Das Hotel hat einen sehr schönen Innenhof mit vielen, vielen Topfpflanzen und einem frei lebenden Papageien namens Margareta. Von hier aus gehen die Zimmer ab.
Leider hält der gute Eindruck nicht. Es gibt Diskussionen wegen der Reservierung, obwohl es sogar eine Anzahlung gegeben hat. Die Zimmer sind noch belegt und das Personal steht ein wenig ratlos, ob man die Gäste einfach aus den Zimmer entfernen solle. Der Abreisetag der Gäste war heute und man kann sich nicht erklären, warum diese noch da sind.
Schließlich findet sich ein freies Zimmer mit 3 Betten. Auch uns wird ein Zimmer angeboten. Ich muss schon seit der Ankunft dringend auf die Toilette und bin froh, als sich die Lage vermeintlich entspannt. Doch entgegen meiner Gewohnheit vor der Benutzung erst mal die Spülung zu testen, erfahre ich erst anschließend, dass diese nicht funktioniert. Das Zimmer ist nicht schön, ein improvisierter nachträglicher Einbau. Direkt vor dem Raum steht ein Generator. Dieser sondert soviel heiße Luft ab, dass die Klimaanlage im Zimmer quasi machtlos ist. Es gibt keinen Zimmerschlüssel. Man versichert uns nur, ein Auge aufzuhalten. Naja,... Wir wollen das Zimmer nicht.
Dann findet sich noch ein Zimmer. Es ist über die Küche zugänglich und hat kein Fenster. Dafür ist es kühl und hat ein ganz nettes Bad. Am nächsten Tag sei man die Gäste, die eigentlich nicht mehr da sein sollten, los und dann bekämen wir unser Zimmer. Wie soll man sich da entscheiden?
Die Nacht verläuft fürchterlich. Das Zimmer hat eine zugesperrte Toreinfahrt direkt zur Straße. In Nicaragua knallt man nicht erst an Silvester, sondern an Weihnachten. Wenn es 3 Stunden Schlaf gab. Der schlimmste Lärmer war sogar das Geschäft in dem man die Knaller kaufen konnte. Kurios.
Dazu von überall her Musik. Als am Morgen die Gespanne vor dem Holztor vorbei rumpeln, gibt es ein wenig Entspannung.
Zum Frühstück finden sich alle im Innenhof ein. Hier ist es wunderschön. Wir sitzen auf weißen, gußeisernen Gartenmöbeln. Das Frühstück ist spartanisch, aber der Kaffee ist in Ordnung. Jetzt stellt sich eine bleiernde Müdigkeit ein. Dies scheint die ruhigste Zeit des Tages zu sein.
Im Laufe des Tages ließe sich immer ein neues schattiges Plätzchen finden.
Das Bonbon ist der Papagei Margareta. Den habe ich sofort in Herz geschlossen. Sein Gelärme am frühen Morgen (ab 4.30 Uhr) macht mir nichts aus.
Nach dem Frühstück besuchen wir T.s Mutter Gloria. Sie lebt in einem komplett vergitterten Haus in der Stadt. Das Haus ist winzig klein. Hinten raus gibt es einen Garten und den Zugang zum Haus des Sohnes. Die Mutter hat einen kleinen Hund für drinnen und einen noch jungen großen Hund für draußen.
Wir werden begrüßt und vorgestellt. Die Familienmitglieder kennen sich alle noch nicht. Und wir nehmen dazu noch eine besondere Stellung ein, da wir nur mitreisende Freunde sind.
Auf der kleinen Terrasse (natürlich mit Hängematte) trinken wir Bier und wollen anschließend zum Essen in ein Restaurant an der Hauptstraße fahren.
Anfangs sollte die Mutter noch mitkommen, dann wollte sie das Haus nicht allein lassen.
Durch die Offensive von C. kommt Gloria dann doch noch mit, will dann aber nichts essen. Sie nimmt nur einige Bissen vom Teller ihrer Tochter.
Wir fahren ins El Mariscazo. Der Weg kommt einem lang vor, da man viel mehr Zeit durch die unbeleuchteten Straßen braucht, als tagsüber. Die Fahrräder sind grundsätzlich unbeleuchtet und die Leute laufen ohne besondere Vorsicht auf der Straße. Dazu kommen Pferdekutschen und Tuk-Tuks und alle haben Vorfahrt. Das ist sehr anstrengend und man begreift, warum M. davor gewarnt hat.
Wir sind noch die einzigen Gäste, doch das ändert sich bald. Die Speisekarte ist auf Spanisch und wir rätseln, welche Fischarten sich hinter den Namen verbergen. Auch das Wörterbuch auf dem Handy
hilft da nicht weiter.
Wie sich herausstellt, ist die Mühe umsonst: es gibt nur 3 Fischarten, durch die Saison oder so was.
Am Ende ist die Portion dürftig und sieht aus wie von einem Imbissstand. Ohne Raffinesse und besondere Mühe. Wir sitzen dann nicht lang in dem Laden.
Wir fahren Gloria zurück nach Hause und uns ins La Misión. Welche Nacht uns bevorsteht wissen wir noch nicht.
Es ist quasi niemals still. Nur durch die Holztür von der Straße getrennt, liegen wir wach. (Auch im neuen Zimmer hat sich nicht viel getan. Nur das Zimmer ist besser ausgestattet.) Zum Lesen ist das Licht nicht hell genug. Es gibt keine Nachttischlampen, nur eine an der fernen Decke befestigte Neonröhre in Form einer Schnecke.
Beim Film "Zurück in die Zukunft" bleiben wir hängen. Das ist zu absurd.
Die ganze Nacht wird geböllert, gegen 4 Uhr setzt zusätzlich der normale Straßenlärm ein.
Morgens wie gerädert. Sollen wir mehr oder weniger Alkohol nehmen?
Zum Frühstück gibt es gallo pinto. Das ist Reis mit Bohnen.
Im Innenhof ist es wieder wunderbar. Eine leichte Brise geht und wir können im Schatten sitzen.
Nach dem Frühstück wollen wir nach San Juan del Sur.
T. und M. sind in Hochzeitsvorbereitungen. Also steht unser erster Ausflug allein an. Ich bin aufgeregt. Ich soll die 32 Kilometer allein fahren. Die Straße ist gut und die Fahrt dauert nicht lange. Das Wetter ist optimal.
In Nicaragua münden in den meisten Ortschaften die Durchfahrtsstraßen irgendwann auf dem Marktplatz. Plötzlich wuselt alles um einen herum und man kann das Angebot direkt vom Wagen aus betrachten. Das kostet Zeit und viel Umsicht. Wer sich auskennt, fährt außen herum. Wir kennen uns nicht aus.
Um an den Strand zu kommen, müssen wir durch den belebtesten Teil des Ortes.
Dann ist es wieder ruhig und wir können das Auto direkt am Strand in eingezeichneten Parktaschen abstellen.
Wir laufen über den Strand. San Juan hat eine sehr schöne Halbmond-Bucht und schöne Restaurants am Strand. Wir suchen nach Gefallen das El Timón aus. Hier kann man schön sitzen und sich nach ein paar Metern im Wasser abkühlen. Wir bleiben einige Stunden dort und trinken Bier und essen tostones. Das sind fritierte Kochbananen.
Die Temperatur ist über 30°C und am Himmel sind keine Wolken zu sehen. Dann und wann kommt ein Händler vorbei und verkauft Sonnenbrillen, Schmuck oder Töpferwaren.
Nach einem bestimmenden "No, senor!" gehen sie ohne weitere Sperenzchen weiter.
In San Juan haben sich viele Aussteiger niedergelassen. Bei einem Spaziergang am Strand sehen wir eine Vielzahl von ihnen. Vermutlich viele Amerikaner und auch Südamerikaner, die mit Dreadlocks und Shorts den ganzen Tag am Meer verbringen. Alles läuft eine Spur langsamer. Das ergibt gute Motive.
Da die Sonne gegen 17.30 Uhr untergeht, machen wir uns um diese Zeit auf den Weg. Genug Sonne haben wir getankt und viele Eindrücke von San Juan haben wir auch gewonnen.